Sechs Tipps, die das Loslassen leichter machen

Das Thema Loslassen begegnet uns immer wieder in unserem Leben. Manchmal sind wir es selbst, die einen Ablösungsprozess in Gang setzen, z.B. wenn wir merken, dass unser aktueller Job nicht mehr zu uns passt oder wir uns in unserer Beziehung nicht mehr wohl fühlen. Ein anderes Mal kommt es von außen und wir müssen es akzeptieren, wenn wir beispielsweise gekündigt werden oder unser/e PartnerIn sich von uns trennt.

In jedem Fall hilft uns krampfhaftes Festhalten am Alten nicht weiter. Wir müssen loslassen, um voran zu kommen. Und obwohl wir das alles ganz genau wissen, fällt es oft sehr schwer. Wenn wir uns bewusst machen, aus welchen Gründen wir nicht loslassen können, haben wir die Gelegenheit diese zu hinterfragen und möglicherweise festzustellen, dass sie eine Illusion sind. Wenn das geschieht, haben wir bereits losgelassen.

Hier sind 6 Wege, die dir beim Loslassen helfen können:

1. Beide Seiten der Medaille anschauen

Wenn wir etwas nicht bekommen oder behalten können, was wir gerne hätten oder behalten würden, fällt uns das Loslassen schwer, weil wir mit diesem Objekt verhaftet sind. Verhaftung bedeutet, dass wir das Objekt unbedingt haben wollen, weil wir die positiven Qualitäten dieses Objekts übertreiben und die negativen nicht sehen. Somit haben wir keine klare Wahrnehmung des Objekts.

Wenn wir uns bewusst machen, dass dieses Objekt nicht so ist, wie wir es sehen und dass es das Glück, das wir in ihm vermuten, nicht inne hat, wird uns das Loslassen leichter fallen. Dazu kann es manchmal sogar hilfreich sein, sich ganz bewusst auf negative Eigenschaften zu konzentrieren, wenn wir diese sehr stark ausgeblendet haben.

2. Zuversichtlich in die Zukunft schauen

Durch unsere Verhaftung mit dem Objekt und das Übertreiben der positiven Aspekte, glauben wir, dass wir ohne dieses Objekt nicht weiter leben können oder unser Leben durch den Verlust schlechter wird.

Wenn die Identifikation sehr stark ist, haben wir vielleicht sogar das Gefühl, dass wir selber weniger wert wären, wenn wir das Objekt nicht mehr haben. Das sind zugegebenermaßen ziemlich schlechte Aussichten.

An dieser Stelle können wir uns überlegen, welche Vorteile es haben könnte, wenn wir das Objekt „los“ sind. Das mag zunächst eine schwierige Aufgabe sein, aber du wirst welche finden! Auf jeden Fall wirst du feststellen, dass du ohne das Objekt weiter leben kannst, wie das gehen kann und dass dein Wert nicht von dem Objekt abhängig ist.

3. Veränderungen akzeptieren

Es ist etwas vollkommen Menschliches, wenn es uns schwer fällt, Veränderungen anzunehmen. Wir haben uns an einen bestimmten Zustand gewöhnt, möge er gut oder schlecht sein, und wollen nicht mehr, dass sich irgendwas verändert. Da weiß man eben, was man hat...

Um das zu lockern, kann man sich immer wieder bewusst machen, dass sich alles in ständiger Veränderung befindet und dass nichts so bleibt, wie es ist. Auch du selbst veränderst dich jeden Tag und wirst eines Tages nicht mehr da sein!

Es ist auch sehr heilsam, Zufriedenheit zu üben. Anstatt traurig darüber zu sein, dass wir etwas verlieren, können wir dankbar dafür sein, dass wir eine gewisse Erfahrung machen konnten. Diese ist nun vorbei und es kommt die nächste.

4. Die Leere aushalten

Wenn wir atmen, können wir etwas sehr Wichtiges beobachten: Nach jedem Ausatmen gibt es einen kurzen Moment der Leere und der Stille, bevor die nächste Einatmung beginnt. Das können wir wunderbar in unser Leben übertragen:

Wenn wir etwas verlieren entsteht eine Lücke. Diese Lücke entsteht aber nicht, um ewig eine Lücke zu bleiben, sondern damit sie mit etwas Neuem gefüllt werden kann. Aber im Moment des Loslassens fühlt es sich so an, als würde diese Lücke für immer da bleiben und uns ewig Schmerzen bereiten.

Aber das ist nicht so. Das ist das Prinzip von Siva, dem Zerstörer, der gleichzeitig auch der Gütige genannt wird. Er schafft Raum, damit etwas Neues entstehen kann. Wir können uns also sicher sein, dass die Lücke sich auf wundersame Weise wieder schließen wird und uns vornehmen die Leere, die wir bis dahin fühlen, auszuhalten.

5. Den Schmerz umarmen

Das ist vielleicht der Punkt, der uns am meisten leiden lässt. Wir bekommen nicht, was wir wollen oder verlieren etwas, das wir behalten wollten und fühlen deswegen einen Schmerz in Form von Traurigkeit, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Wut o.ä.

Aber wir wollen den Schmerz nicht fühlen und versuchen deshalb alles, um das Objekt zu behalten oder uns auf irgendeine andere Art und Weise von dem Schmerz abzulenken. Wir leiden mehr unter der Aversion gegen den Schmerz als unter dem Schmerz an sich!

Und da wir uns ständig mit dem Schmerz beschäftigen, während wir nach Wegen suchen, ihn nicht zu fühlen, halten wir ihn fest. Das bedeutet, dass er nicht vergehen kann und immer größer und größer wird.

Was können wir tun? Den Schmerz annehmen. Der Schmerz ist genauso eine menschliche Erfahrung wie Freude. Er gehört zum Leben dazu. Es gibt keinen Körper, der nie krank wird und es gibt kein Leben ohne Schmerz.

Wenn wir das annehmen und „Ja“ sagen können zu unserem Schmerz, wenn wir uns erlauben können ihn zu fühlen, ohne irgendetwas damit oder dagegen machen zu wollen, dann kann er sich auflösen und gehen.

Hierbei dürfen wir uns selbst mit Mitgefühl begegnen. Es ist ok traurig oder wütend zu sein. Wir brauchen uns – auch als Yoginis und Yogis – nicht deswegen zu verurteilen. Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Es ist sehr heilsam, wenn wir uns den Raum geben, diese Gefühle zu fühlen und dabei gut für uns sorgen.

6. Das große Ganze sehen

Es kann hilfreich sein sich zu fragen, welche Bedeutung ein Verlust für das Leben als Ganzes hat. Im aktuellen Moment mag der Verlust eines Objektes als furchtbare Tragödie erscheinen. Was passiert aber, wenn du auf dein Leben als Ganzes schaust?

Welche Bedeutung hat der Verlust, wenn du deine ganze Lebenszeit bis hier her oder sogar bis zum Lebensende anschaust? Welche Bedeutung hat der Verlust noch, wenn du alle vorherigen und kommenden Leben in deine Betrachtung mit ein beziehst?

Dies sind einige der Techniken, die ich von Venerable Lhundup Jamyang, einer buddhistischen Nonne, im Tushita Centre, Dharamkot, Indien lernen durfte und die wir in ähnlicher Art auch in den Yoga Sutras von Patanjali finden. Ich hoffe, sie sind für dich genauso hilfreich.

Gauri Daniela Reich, 2019

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