Pranayama - Der Atem des Yoga

Als Pranayama werden die Atemübungen im Yoga bezeichnet. In den Yoga Sutras von Patanjali ist Pranayama die vierte Stufe von acht, liegt damit also ziemlich in der Mitte und spielt tatsächlich eine sehr zentrale Rolle.

Pranayama stellt den Übergang dar vom körperlichen zum geistigen Yoga und ist der Motor für die höheren Stufen. Durch Praynayama können wir Dharana (Konzentration) und Dhyana (Meditation) nicht nur schneller und einfacher erreichen sondern sie auch intensiver und wirkungsvoller praktizieren.

Darüber hinaus hat Pranayama zahlreiche positive Effekte auf unsere Gesundheit, Psyche und unser ganzes Leben. Es ist also eine sehr lohnende Technik, über die aber leider auch viel Unsicherheit herrscht, weil es unter den verschiedenen Yoga-Schulen so viele unterschiedliche Aussagen gibt. Das fängt schon bei der Definition von Pranayama an und geht über die Techniken bis dahin, unter welchen Voraussetzungen man überhaupt Pranayama üben sollte.

Obwohl Pranayama von der ersten Yoga-Stunde an Teil meiner Praxis war, habe ich es nie wirklich verstanden und deshalb auch große Schwierigkeiten gehabt, es regelmäßig in meine Selbstpraxis einzubauen. Somit bin ich viele Jahre auf der Stufe Asana (3. Stufe des Yoga nach Patanjali) hängen geblieben – was für eine Zeitverschwendung!

Seit es nun fester Bestandteil meiner Praxis ist, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, wie wichtig Pranayama ist. Und zwar nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die spirituelle Praxis und Entwicklung.

Pranayama ist ein riesengroßes Geschenk, das leider nur Wenige zu würdigen wissen. Deswegen möchte ich dich in dieser Blog-Artikel-Reihe motivieren Pranayama zu üben. Ich werde dir erzählen, was Pranayama kann, wie es funktioniert, was die Zusammenhänge sind und dir einen Überblick über die wichtigsten Techniken geben.

Jeder Mensch, der Yoga übt, ist ein Segen für die gesamte Schöpfung. Denn auch wenn es viele gesunde und positive Wirkungen für uns selbst hat, machen wir es doch aus einem anderen Grund:

Mehr zu uns selbst finden, unsere Bestimmung für dieses Leben erkennen und diese bestmöglich zu erfüllen. Damit dienen wir der Schöpfung, helfen anderen in ihrer Entwicklung und werden so zum Instrument des Göttlichen; des Universums, oder wie auch immer du es nennen möchtest.

Pranayama ist dabei der Motor, der dich in deiner spirituellen Praxis nach vorne schiebt! Deshalb ist es mir ein Anliegen, dich zu motivieren nicht bei Asanas stehen zu bleiben, sondern den nächsten Step zu nehmen, weiter zu gehen und Pranayama zum festen Bestandteil deiner Praxis zu machen. Ein paar Minuten täglich reichen!

Pranayama und die panchakoshas

Um die Wichtigkeit von Pranayama besser zu verstehen, rufen wir uns die panchakoshas ( 5 Hüllen des menschlichen Seins) in Erinnerung:

 

Sanskrit Name               Übersetzung              Gebiet                              Technik

annamaya kosha           Nahrungshülle              Körper                                Asana

pranamaya kosha          Energiehülle                   Atem                               Pranayama

manomaya kosha            Geisthülle                      Geist                                Meditation

vijanamaya kosha          Intellekthülle       höhere Intelligenz       Samadhi mit Objekt

anandamaya kosha        Wonnehülle             Bewusstsein                Objektloser Samadhi

 

Mit den Yoga-Techniken arbeiten wir vorzugsweise in den äußeren drei Hüllen, da hier die Hindernisse liegen, die uns vom Zustand des Yoga (objektloser Samadhi, Selbsterkenntnis) fern halten.

Die Hindernisse sind: Ignoranz, Ich-Bewusstsein oder Ego, Anhaftung, Aversion und Angst vor dem Tod (Yoga Sutra II.3). Abkürzend kann man sagen, dass das die letzten vier Punkte Konditionierungen sind, die durch den ersten Punkt, die Unwissenheit bzw. Ignoranz entstehen.

Diese Konditionierungen bilden sich im Geist und manifestieren sich in unserem Energiesystem, unseren Atemgewohnheiten, unserem Körper und zeigen sich natürlich auch in unserem Verhalten. Sie dehnen sich von Innen nach Außen aus.

Mit den 8 Stufen des Yoga von Patanjali (Yoga Sutra II.29), wollen wir diesen Prozess reversieren und die manifestierten Konditionierungen von Außen nach Innen wieder auflösen.

 

  • Yamas - Verhaltensregeln für den Umgang mit Anderen
  • Niyamas - Werte für den Umgang mit sich selbst
  • Asana - Körperhaltungen
  • Pranayama - Atemtechniken
  • Pratyahara - Umlenkung der Sinne nach Innen
  • Dharana - Konzentration
  • Dhyana - Mediation
  • Samadhi - Samadhi mit Objekt und danach objektloser Samadhi als Ziel des Yoga

 

Dazu beginnen wir, unser Verhalten anderen Menschen gegenüber zu beobachten und in gewisse ethische Bahnen zu lenken. Somit schaffen wir uns ein Umfeld, in dem spirituelle Praxis möglich wird. Was uns selbst betrifft, kultivieren wir bestimmte Tugenden wie Zufriedenheit und Disziplin, die uns fit machen für den weiteren Weg.

Mit Asanas befreien wir den Körper von Krankheiten, Verspannungen usw. Dies macht ihn gesund und fit und bereitet ihn auf das Sitzen vor, das für Pranayama und Meditation ohne Schmerzen möglich sein sollte.

Durch Pranayama lösen wir ungesunde Atemgewohnheiten auf, reinigen das Energiesystem und fixieren Lebensenergie im Körper. Es heißt, dass sich das Prana (Lebensenergie) einige Zentimeter über die körperlichen Grenzen hinaus ausdehnt. Bei starker körperlicher oder geistiger Aktivität sogar noch weiter. Durch Pranayama wird diese Lebensenergie wieder zurück geholt und im Körper konzentriert.

Obwohl Pranayama eher der energetischen Hülle als Technik zugeordnet ist, hat es auch eine Reihe von körperlichen Wirkungen, deren Aufzählung diesen Blog sprengen würde. Zusammenfassend kann man sagen, dass Pranayama zur Heilung ALLER Krankheiten beiträgt, weil es die Doshas (Vata, Pitta, Kapha) ausbalanciert. Wer sich mit Ayurveda auskennt weiß, dass hier jede Krankheit dem Ungleichgewicht der Elemente zugeschrieben wird ihr Gleichgewicht Heilung bzw. Gesundheit bedeutet.

Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass sich geistige Konditionierungen in unnatürlichen oder ungesunden Atemgewohnheiten manifestieren. Das bedeutet, dass bestimmte Bereiche nicht oder zu wenig beatmet werden, verfestigt und uns nicht bewusst sind.

Es ist sehr wichtig das zu verstehen, denn hierdurch wird deutlich, dass Pranayama weitaus mehr sein muss, als einfach nur Einatmen, Ausatmen und Luft anhalten. Denn wäre das so, würden wir uns unserer blinden Punkte dadurch nicht bewusst werden.

Pranayama beinhaltet also Methoden, durch die wir unsere Atemräume erforschen und gleichmäßig mit Bewusstsein und Atem füllen und dadurch unsere Atemgewohnheiten bewusst verändern. Dazu später mehr.

Mit Pranayama gleichen wir Ida und Pingala, die Nadis (Energiekanäle) für solare und lunare Energie aus und somit die Tätigkeit der rechten und linken Gehirnhälfte. Das wirkt sich unterstützend auf alle alltäglichen Tätigkeiten aus. Die hier zu Grunde liegende Wissenschaft nennt man Svara Yoga.

Durch Pranayama wollen wir also Ida und Pingala ausbalancieren. Die Konsequenz davon ist, dass es wahrscheinlicher wird, dass sich die Energie in unserem zentralen Energiekanal, der Sushumna Nadi bewegt. Wenn dies geschieht, nennen wir das Kundalini, also Energie, die sich durch den zentralen Energiekanal nach oben zu den höheren Chakras bewegt.

Dieser Vorgang ist der Motor für die Meditation. In dem Moment, wenn weder Ida noch Pingala aktiv sind und sich die Energie durch Sushumna nach oben bewegt, dann kommen die Aktivitäten im Geist zur Ruhe und wir fallen in Meditation.

Pranayama ist das Bindeglied zwischen Körper und Geist. Der Atem versorgt Körper und Geist mit Energie. Kommt der Atem zur Ruhe, so kommen auch Körper und Geist zur Ruhe. Pranayama unterstützt sowohl unsere Asana-Praxis dabei, den Körper gesund und fit zu machen, als auch unsere Meditaionspraxis, indem es Prana gleichmäßig verteilt und die energetischen Voraussetzungen für die Meditation schafft.

Ich hoffe, die Zusammenhänge und die Wichtigkeit von Pranayama sind nun klar und du hast richtig Lust, mit Pranayama los zu legen!

Gauri Daniela Reich, 23. Mai 2021

Quellen:

Yoga Sutra von Patanjali

Pranayama – The Breath of Yoga, Gregor Maehle

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